Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in Ungarn die Bedeutung der Meinungs- und Pressefreiheit hervorgehoben. Zudem betonte sie, wie wichtig es sei, in der Ukraine-Krise geschlossen aufzutreten. 

Merkel sagte, auch eine Regierung mit einer sehr breiten Mehrheit müsse die Rolle von Opposition, Zivilgesellschaft und Medien schätzen. Das richtige Modell für Ungarn sei es, wenn Gesellschaften im Wettstreit miteinander den besten Weg fänden. Mit dem Wort illiberal könne sie persönlich im Zusammenhang mit Demokratie nichts anfangen. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán verteidigte hingegen seine frühere Aussage, eine illiberale Demokratie sei ein Modell für Ungarn: "Wir glauben nicht, dass jede Demokratie zwangsläufig liberal ist."

Der rechtskonservative Politiker hat dank der breiten Mehrheit seiner Fidesz-Partei Gesetzesänderungen durchgesetzt mit denen die Regierung die Kontrolle über Justiz und Medien verstärkt. Zahlreiche europäische Regierungen hatten besorgt reagiert. Kritiker werfen Orbán antidemokratische Politik und Einschränkung der Bürgerrechte vor. Vor Merkels Besuch hatten am Sonntag erneut Tausende Ungarn in Budapest und anderen Städten gegen Orbán protestiert und klare Worte der Kritik von der Bundeskanzlerin gefordert.

Merkel schließt Waffenlieferung an die Ukraine aus

Zur Ukraine-Krise sagte Orbán, Ungarn wolle auf der Seite des Friedens stehen und unterstütze die Position der Bundesregierung. Im vergangenen Jahr hatte er die Russlandsanktionen noch kritisiert. Merkel drängte erneut auf einen möglichst schnellen Waffenstillstand. Das Minsker Abkommen zwischen prorussischen Rebellen und ukrainischer Regierung vom September sei weiterhin ein guter Ausgangspunkt, um einen stabilen Zustand zu erreichen, bei dem die ukrainische Territorialität gesichert sei.

Waffenlieferungen an die Ukraine schloss Merkel aus. "Ich bin fest davon überzeugt, dass dieser Konflikt militärisch nicht gelöst werden kann", sagte Merkel. Die New York Times hatte berichtet, ranghohe Vertreter aus US-Militär und Regierung seien offen für Waffenlieferungen.

Mit Blick auf die Beziehungen zu Russland verwies Orbán darauf, dass die ungarische Wirtschaft ohne das über die Ukraine kommende russische Gas nicht funktioniere. Merkel sagte, Deutschland, Ungarn und die anderen europäischen Länder müssten sich weiter bemühen, "Energiebezugsquellen" zu diversifizieren.

"Danke Deutschland"

Orbán begrüßte die grundsätzlichen Überlegungen der Bundesregierung zu einer Freihandelszone zwischen der EU und der von Russland dominierten Eurasischen Union. Das werde von der Regierung in Ungarn unterstützt, sagte Orbán. Merkel hatte allerdings zuvor deutlich gemacht, dass es eine solche Freihandelszone nur geben kann, wenn die Ukraine-Krise mit Russland überwunden ist.

Bei dem ersten Besuch seit fünf Jahren sprach Merkel mit Orbán auch über die wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Länder. Auch dank der Geschäfte deutscher Unternehmen habe Ungarn eine so hohe Beschäftigungsrate wie seit Jahrzehnten nicht, sagte Orbán. Deutsche Unternehmen hätten in dem Land 300.000 Arbeitsplätze geschaffen. Im vergangenen Jahr hätten die ungarischen Ausfuhren nach Deutschland den Rekord von 21 Milliarden Euro erreicht. "Ich kann der Frau Bundeskanzlerin nur sagen: Danke Deutschland."

Merkel will am Nachmittag noch mit Wirtschaftsvertretern und Repräsentanten der Zivilgesellschaft zusammenkommen. Außerdem wird sie eine Rede an der deutschsprachigen Andrassy-Universität halten.